Ein Projekt für den NABU Krefeld/Viersen
In den vergangenen Winterwochen war ich bei einem großen Einsatz in der Bockerter Heide bei Viersen beschäftigt. Gemeinsam mit befreundeten Naturschützern und Forstwirten habe ich ein Stück Niederwald revitalisiert. Was das bedeutet? Das erkläre ich euch jetzt.
Niederwälder, auch „Peschen“ genannt, sind am Niederrhein und insbesondere im Kreis Viersen seit Jahrhunderten die typischen Bauernwälder. Aus den mit Wällen eingefassten Buschwäldern schlugen unsere Vorfahren nur die dickeren Hölzer („Remmel“) von den immer wieder austreibenden Wurzelstöcken. Dünnere, junge Triebe mussten auf den Stöcken verbleiben, damit diese weiterwachsen konnten. Man erntete vom Baum also nur Teile seiner Hölzer und vermied dadurch, ihn ganz zu fällen und als Rohstoffquelle zu verlieren.
Nachhaltige Forstwirtschaft aus der Vergangenheit
Die vorherrschende Baumart für diese Form der Forstwirtschaft ist die Rotbuche, wobei es aber auch Hainbuchen, Eichen, Eschen und Erlen gibt, welche auf diese Art genutzt wurden. Es handelte sich um eine nachhaltige Waldbewirtschaftung, die schon vor über 200 Jahren dokumentiert wurde. Unter anderem im Viersener Naturschutzgebiet „Bockerter Heide“ ist diese Landnutzungsform noch gut ablesbar. Hier besitzt der NABU Krefeld/Viersen auch einen historischen Buchenkamp mit einer Fläche von ca. 4000 m².
Alt, aber nicht vergessen!
Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor das Holz gegenüber anderen Energieträgern stark an Bedeutung. Auch für eine moderne Forstwirtschaft sind Niederwälder eher wenig interessant. Die Nutzung und gleichzeitige Pflege der alten Stock- und Kopfbuchen, die ursprünglich auf Weideflächen standen, bleibt aus. Die Bestände überaltern und wachsen durch. Die Flächen sind heute stark verschattet und Gräser und Blütenpflanzen werden verdrängt. Viele alte – zum Teil über 250 Jahre alte – Buchenstöcke sind schon auseinandergebrochen.
Ein Lebensraum für klein und kleiner
Jedoch sind Niederwälder für viele, auch sehr seltene Tier- und Pflanzenarten, ein wichtiger Lebensraum. Den wollen wir mit unserer Arbeit schützen. Denn die Bäume bieten zahlreiche mosaikartige Strukturen, die ein wichtiges Zusammenspiel aus Licht und Schatten, jungem und totem Holz und Holzmulm, trockenen Bereichen und zahlreichen Phytotelmen (Wasseransammlungen in unterschiedlichen Vertiefungen an Bäumen) bilden. So dienen sie als ein wichtiges Strukturelement in einer eher artenarmen modernen Agrarlandschaft.
Insbesondere viele Schmetterlings- und Käferarten sind auf dieses Wechselspiel die die Kopf- und Stockbuchen zusammen mit Sträuchern und krautigen Pflanzen in einem Niederwald bieten angewiesen.
Die Revitalisierung der Bockerter Heide
Nur wenn es gelingt, die baumverträgliche Pflege von einst wieder aufzunehmen (stückweises Abtragen durchgewachsener Stämmlinge, schonendes Freistellen einzelner Bäume, Schaffen von lichtdurchfluteten Waldbereichen), können noch einige Bestände als Zeugnisse der alten Kultur erhalten bleiben und weiterhin einer Vielzahl von Säugetier-, Vogel-, Insekten- und Pflanzenarten einen Lebensraum bieten.
Deswegen schneiden wir die Kopfbäume zurück, geben ihnen wieder Raum und Kraft, um weiter zu wachsen. Um das Mosiak aus Licht und Schatten zu kreieren, ist es zudem nötig, einige andere Bäume zu fällen. Im letzten Schritt pflanzen wir junge Bäume nach und schützen diese vor Verbiss.
Wie die Arbeit im Wald genau aussah, zeige ich euch in meinem Video:
Und was passiert mit dem Holz?
Das bei den Pflegearbeiten anfallende Holz soll in Form von Totholzwällen und sogenannten Käfermeilern zusätzliche Biotopstrukturen bilden, da die angrenzenden Flächen einen eher strukturarmen Zustand aufweisen. Das stehende und liegende Totholz bietet darauf spezialisierten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten einen weiteren besonders wertvollen Lebensraum.
Ihr seht also: Tradierte Methoden der Forstwirtschaft kombiniert mit modernster Technik schützen die Natur nachhaltig und helfen, den Wald in dieser besonderen Form zu erhalten.